Edelzoom v2

Firmware 2.0 für das Sigma Art 18-35mm F1,8 DC HSM

Dem Sigma Art 18-35mm F1,8 DC HSM folgt ein zwispältiger Ruf für die Zuverlässigkeit seines Autofokus. Nun hat Sigma für mehrere Objektive der „Global Vision“ Reihe ein großes Firmware-Update auf die Version v2.0 veröffentlicht. Verbessert dieses die Performance des Autofokus?

Art 18-35mm F1,8 DC HSM

Art 18-35mm F1,8 DC HSM (Quelle: Sigma)

Universalobjektiv mit Schwäche

Seit mehr als drei Jahren gehörte das Sigma Art 18-35mm F1,8 DC HSM (Version für Canon) zu meinen meistgenutzten Objektiven. Die Brennweite von 18-35mm eignet sich ausgezeichnet für Landschaftsfotografie, dank der Lichtstärke macht das Objektiv aber auch eine gute Figur bei Eventfotografie. Sogar für Sport lässt es sich einsetzen, wenn man z.B. für Volleyball einen Platz direkt am Spielfeldrand ergattern kann.

Ebenfalls unmittelbar seit dem Kauf trübt jedoch ein Problem das Bild (pun intended 🙂): Der Autofokus ist zwar an sich nicht langsam, aber überraschend tempramentvoll. Oftmals verhält er sich scheinbar völlig zufällig: Mit dem ersten Bild trifft der AF, mit dem nächsten nicht, das dritte ist wieder gestochen scharf – und keiner weiß, warum. Zwar bietet das Objektiv eine Fülle von Möglichkeiten der Justierung (siehe dazu den früheren Artikel Edelzoom-Odyssee), doch richtig Herr wird man der Situation auch damit nicht. Es bleibt die allgemeine Unzuverlässigkeit des AF – so schießt man eben von jedem Motiv zwei, drei Bilder mehr, damit hinterher wenigstens eines davon scharf ist.

Hoffnungsschimmer

Dieser Tage hat Hersteller Sigma für viele Objektive der Global Vision Reihe ein Firmware-Update veröffentlicht, darunter auch für das 18-35. Das Update bringt den Firmware-Stand von v1.02 auf v2.00. Zwar enthält die Beschreibung des Updates nichts in Bezug auf die Funktion des Autofokus: Den Release Notes nach konzentriert sich das Update auf verbesserte Kompatibilität mit den in die Kamera integrierten Korrekturfunktionen für Vignettierung etc. sowie ganz allgemein der Funktion mit neuen Kameras – aber wer weiß, welche Fehler als „stilles Update“ mitgelöst worden sein mögen. Ein direkter Vergleich vorher/nachher, d.h. Firmware v1.02/v2.00 ist also in jedem Fall einen Versuch wert.

Kriterien

Die Software FoCal dient in erster Linie dazu, für eine Kamera-/Objektiv-Kombination die idealen Werte für AutoFokus Micro Adjustment (AFMA) zu ermitteln. Das Ergebnis ist ein Wert zwischen -20 und +20, der in der Kamera für ein Objektiv eingestellt werden kann. Ein Wert von Null bedeutet „keine Korrektur“, ein Wert kleiner/größer Null verschiebt den Fokus geringfügig zur Kamera hin bzw. von der Kamera weg. In der Praxis hat durch unvermeidliche Fertigungstoleranzen jede Kombination einen optimalen Wert ungleich Null, es sei denn, die Toleranzen von Kamera und Objektiv sind zufällig gleich groß und entgegengesetzt, sodaß sie sich gegenseitig aufheben. Ein niedriger Korrekturwert ist daher normal. Ein höherer Korrekturwert (z.B. +/-15 oder höher) ist dagegen auffällig, wenn auch immer noch kein Grund zur Besorgnis, solange in der Praxis alles wunschgemäß funktioniert. Die erste Frage ist damit:
Verändert sich durch das Update der notwendige Korrekturfaktor?

Das eigentliche Problem ist aber nicht der Wert des (konstanten) AFMA-Korrekturfaktors, sondern vielmehr die Zuverlässigkeit des AF von Bild zu Bild. Wird zehnmal hintereinander in derselben Situation auf dasselbe Motiv fokussiert, wie oft „trifft“ der AF, und „wie gut“ trifft er jeweils? Idealerweise sollte jedes der zehn Bilder identisch aussehen, gerade das war aber bisher nicht der Fall. FoCal führt diesen Test vollautomatisch durch und liefert als Ergebnis einen Durchschnittswert in Prozent, der die Zuverlässigkeit beschreibt. Zweite und wichtigste Frage des Tests also:
Verändert sich durch das Update die AF-Konsistenz?

Test 1: AFMA-Faktor

Bei Zoomobjektiven kann der AFMA-Faktor bei mehr als einer Zoomstufe (Brennweiteneinstellung) gemessen und verwendet werden. Die meisten Kameras erlauben eine Eingabe jeweils für Tele- und Weitwinkel, mithilfe des Sigma-Docks lassen sich am Objektiv selbst auch noch einige Zwischenstufen bei verschiedenen Entfernungen einstellen (siehe ebenfalls hier.) Da hier nur die Veränderung vorher/nachher interessiert, genügt für den Anfang der Vergleich einer einzigen Einstellung. Dies ist das Ergebnis bei einer Brennweite von 35mm mit der alten Firmware v1.02:

FoCal AFMA-Bestimmung Sigma 18-35 mit Firmware v1.02

Die grünen Punkte im Diagramm repräsentieren die einzelnen Testbilder, die bei unterschiedlichen AFMA-Werten (x-Achse) aufgenommen wurden. Der ermittelte optimale AFMA-Faktor ist +7. Bei diesem Faktor bewegt sich die maximal erzielbare Bildqualität (y-Achse) um 2150 (vereinfacht gesagt stellt Quality of Focus (QoF) einen Grad der Schärfe dar.)

Der QoF-Wert mehrere Bilder, die mit dem selben AFMA-Faktor aufgenommen wurden, unterscheidet sich mitunter. So liegen etwa zwei der Bilder bei AFMA -10 bei QoF 1050, das dritte dagegen bei fast 1400. Hier war der AF also unzuverlässig – eines der drei Bilder wurde anders fokussiert als die anderen beiden. Gegenbeispiel ist z.B. bei AFMA +5 oder +7: Hier liegen alle Testaufnahmen übereinander, der AF hat bei allen Testaufnahmen reproduzierbar gearbeitet, es gab keinen Ausreisser.

Hier nun der gleiche Test nach dem Update mit Firmware v2.00:

FoCal AFMA-Bestimmung Sigma 18-35 mit Firmware v2.00

Beim zweiten Versuch hat sich die Kurve verändert. Der ermittelte AFMA-Wert ist nach rechts gewandert und beträgt nun +12. Der maximale QoF Wert liegt wieder bei etwa 2150. Die Reproduzierbarkeit scheint in etwa gleich – es gibt wieder einzelne Ausreisser.

Gut, nehmen wir dieses Ergebnis einfach mal so hin.


Warum ist der Hintergrund grau?

Mit dem Update hat Sigma offenbar die Lens-Id des Objektivs verändert. Das Objektiv identifiziert sich ggü. der Kamera also anders als zuvor. Für die neue Lens-Id liegen noch keine Vergleichswerte vor, weswegen der Hintergrund nicht in Bereiche grün/blau/rot eingeteilt werden kann.



Test 2: AF-Konsistenz

Jetzt zum eigentlich interessanten Test, dem der Konsistenz (also der Wiederholbarkeit) des Autofokus. Die Prüfsoftware nimmt zehn Bilder hintereinander auf und fokussiert dabei jedesmal neu. Das Ergebnis mit Firmware v1.02:

FoCal AFC Test mit Firmware v1.02

Die y-Achse stellt wieder die Quality of Focus (QoF) für jedes der Testbilder dar. Der Wert fluktuiert zwischen 2000 im schlechtesten und 2200 im besten Fall – genau das ist es, was wir in der Praxis „unzuverlässig“ nennen: Es gibt deutliche Unterschiede von Bild zu Bild. Über alle Bilder zusammen ermittelt FoCal einen Durchschnittswert von 93,5%. Das ist nicht berauschend – immerhin ist der Schwankungsbereich zwischen 2000 und 2200 nicht allzu groß.

Und nun das Ergebnis mit Firmware v2.00:

FoCal AFC-Test mit Firmware v2.00

Alle Testbilder erreichen fast den gleichen Wert bei etwa QoF 2175. Die Ausschläge der Kurve bei Firmware v1.02 sind praktisch verschwunden. Der Durchschnittswert über alle Bilder beträgt nun 98,9%.

Warum ist die Kurve jetzt unten und Grün ganz oben?

Wie angesprochen gibt es für die neue Lens-Id noch keine Vergleichswerte. Der grüne Bereich oben ist ein Darstellungsfehler. Ein QoF-Bereich zwischen 2500 und 3000 ist nicht realistisch.



Fazit

Das Ergebnis von Test 1 verwundert ein wenig. Daß sich der optimale AFMA-Faktor durch das Update verändern sollte ist erst einmal nicht nachvollziehbar. Wenn es sich hier nicht schlichtweg um einen Messfehler handelt, kann Sigma das interne Handling natürlich verändert haben, sodaß die Objektiv-Software nach dem Update entweder selbst anders arbeitet oder andere Werte zurück zur Kamera schickt, sodaß diese den Fokus anders einstellt als zuvor mit der alten Firmware. Aber wie auch immer, solange der Faktor konstant ist, hat seine Größe ohnehin keine praktische Auswirkung.

Das Ergebnis von Test 2 lässt sich mit einem einzigen Wort beschreiben: Bingo!
Verhielt sich der AF mit der alten Firmware flatterhaft von Bild zu Bild, so lieferte er mit der neuen Firmware eine absolut stabile Performance, ohne nennenswerte Unterschiede zwischen den Testbildern. Genau dieses Ergebnis will der geplagte Objektiv-Benutzer sehen!

Meßwerte sind keine Praxiswerte. Ob sich das Objektiv nach dem Update in der Praxis wirklich spürbar anders verhält als zuvor kann nicht gemessen, sondern muß ganz einfach ausprobiert werden. Aber diese Messwerte machen wirklich Mut. Wenn sich dieses Ergebnis auch nur ansatzweise in die Praxis überträgt, dann darf das Firmware-Update auf v2.00 für jeden Besitzer des Sigma Art 18-35mm F1,8 DC HSM getrost als Muß bezeichnet werden.

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