UV-Filter sind das enfant terrible der Fotowelt. Die einen halten sie für unverzichtbar und würden ohne Filter nicht das Haus verlassen. Andere halten sie für überflüssig und reine Geldverschwendung.
Was sind die Fakten?
Was macht ein uv-Filter?
Ein wichtiger Punkt vorweg: Niemand benötigt uv-Filter wegen der uv-Filterung. Früher, zu analog-Zeiten, war Foto-Film nicht nur für das für uns sichtbare Licht empfindlich, sondern nahm auch den ultravioletten Anteil darin auf. Dadurch konnte ein bläulicher Schleier entstehen, der dem Bild Kontrast und Schärfe nahm.
Heutige Kameras sind dagegen für uv-Licht kaum noch (wenn überhaupt) empfindlich. Das wenige Licht im uv-Bereich, das nicht schon durch die vergüteten Oberflächen eines modernen Objektivs ausgefiltert wurde, wird spätestens am Sensor selbst durch eine eigene Filterschicht blockiert.
Die Bedeutung von uv-Filtern liegt heute in der Digitalfotografie in einem ganz anderen Punkt: Sie schützen die vordeste Linse des Objektivs (eng. „front element“) vor Beschädigung und Schmutz.
Zwischenstand
Damit ist schon jetzt klar, welche Antwort die Frage „Brauche ich einen uv-Filter“ bekommen muß: „Es kommt darauf an.“ Niemand „braucht“ einen uv-Filter. Wer auf die Schutzwirkung keinen Wert legt, der kann sich das Geld für einen uv-Filter getrost sparen.
Für diese Schutzwirkung muß man zwei Aspekte bedenken:
mechanischer Schutz?
Auf Rennstrecken fliegen kleine Kieselsteine durch die Luft. In Werkhallen können Funken stieben. Im Gedränge kann man irgendwo anstoßen. Hilft dann ein uv-Filter?
Antwort: Unter Umständen. Natürlich hält ein uv-Filter manches vom Objektiv ab. Notfalls bricht er selbst, aber nicht das Objektiv. Nur ist der Filter selbst viel empfindlicher als das Objektiv: Die Linsen eines Objektivs halten weit mehr aus, als man ihnen zutraut. Der fliegende Stein muß schon sehr groß, sehr schnell und sehr genau plaziert sein, damit er eine Objektiv-Linse auch nur anritzt. Ein Filter dagegen bricht relativ schnell, lange, bevor das Objektiv Schaden nehmen würde.
Andererseits begegnen die meisten Fotografen seltener fliegenden Steinen als vielmehr Sand, Meeresgischt oder Staub. Normalerweise hält ein Objektiv sogar dem Schmirgeleffekt von Wüstensand einigermaßen stand, aber hier exisitert nun ein unbestreitbares Risiko. Ebenso am Meer: Das Salz kann unangenehme Folgen haben. Ob ein Filter notwendig gewesen wäre oder nicht, kann man eigentlich immer erst hinterher sagen.
Verschmutzung?
Die gerade beschriebenen Szenarien sind für die meisten Fotografen nicht alltäglich. Viel häufiger sind Shootings in „harmlosen“ Umgebungen, ohne fliegenden Sand und Meerwasser. Was kann hier schon passieren?
Der Gegenüber macht ein Bier auf, der Schaum spritzt über den Tisch. Beim Pferdesport verwechselt ein Tier das Objektiv mit dem nächsten Leckerbissen. Beim Shooting im verlassenen Bauernhaus wirbelt der Staub. Beim Aufsetzen des Objektivdeckels zielt der Fotograf selbst daneben und hinterlässt einen Fingerabdruck auf der Linse. Von kleinen Kindern muß ich gar nicht erst anfangen, oder?
Natürlich kann man solche Verschmutzungen auch direkt vom Objektiv entfernen. Ein Filter aber ist im Gegensatz zum Objektiv flach und eben, hat weder Rundungen noch Kanten und Ritzen, wo das Glas der Linse auf die Fassung stößt. Damit lässt er sich viel besser reinigen als das Objektiv selbst. Wenn die Verschmutzung zu stark ist, lässt er sich einfach abnehmen und unter fließendem Wasser reinigen.
Zudem kann man bei einem Filter viel beherzter zugreifen, als man es sich beim Objektiv trauen kann. Zum Abwischen genügt ein Hemdsärmel oder ein Taschentuch, und falls sich dort doch einmal ein Staubkorn versteckt und beim Wischen einen Kratzer auf dem Filter erzeugt hat – na wenn schon, der Filter lässt sich leicht auswechseln, falls die Beschädigung schlimmer ist. Das Objektiv darunter bleibt blank und sauber, nicht nur für einen selbst, sondern auch für den Marktwert bei einem eventuellen späteren Weiterverkauf.
undicht ab Werk?
Es gibt sogar Objektive, die zwar grundsätzlich „staub- und feuchtigkeitsgeschützt“ sind, aber nur, wenn auch die Frontseite mit einem passenden Filter verschlossen wird. Das betrifft auch und gerade einige bekannte Modelle aus Canons L-Serie – wer ein solches Objektiv sein Eigen nennt, sollte im Zweifel unbedingt in der Gebrauchsanweisung nachlesen, ob dort für die Dichtigkeit nicht auch ein Schraubfilter gefordert wird.
Fazit
Daher wie gesagt: „Brauche ich jetzt unbedingt…?“ – „Nein, nicht unbedingt. Es kommt darauf an.“
Wer sich nichts dabei denkt, das Objektiv öfter direkt zu säubern und ggf. kleine Kratzer und Kratzerchen in Kauf nimmt, der kann ohne weiteres auf uv-Filter verzichten.
Wer auf Nummer Sicher gehen, sein Equipment in makellosem Zustand erhalten und nicht bei jedem Wischen das antistatische Spezialtüchlein aus der staubgeschützten Plastiktasche hervorholen will, um nicht doch einen Kratzer zu riskieren, der sollte sich die Anschaffung eines Filters überlegen.
PS: Bildqualität?
Ach ja, für die Akten: Ein guter uv-Filter hat keinen Einfluss auf die Bildqualität. Punkt.
Richtig ist, daß ein billiger uv-Filter schlechter ist als gar keiner. Der zehn-Euro-Filter aus dem untersten Regal ist keine Alternative. Wie alles andere in der Fotografie kostet ein guter Filter Geld, und billigere Filter haben Nachteile. Den Schutz bekommt man nun einmal nicht umsonst.
Für den Fall, daß jemandem in einer bestimmten Situation (z.B. Nachtaufnahmen mit ihren zahlreichen Reflexionen) doch einmal eine Bildstörung durch den Filter auffällt, verrate ich ganz zum Schluß noch ein großes Geheimnis:
In einem solchen Fall kann man einen Filter auch zeitweise abnehmen.