Hyper… Was??
Das Stichwort „hyperfokale Distanz“ fällt oft im Zusammenhang mit manuellem Fokus. Allerdings hat es mit dem Fokusmodus Automatisch/Manuell nichts zutun, sondern ist für beide Fälle relevant.
Oft kommt es vor, daß bspw. bei einer Landschaftsaufnahme „alles scharf“ sein soll, sowohl Objekte in der Nähe als auch welche bei Unendlich. Nun gibt es aber, abhängig von der Blendenöffnung, die Schärfentiefe („depth of field„) zu beachten, die um den Fokuspunkt herum liegt. Bei weiter Blendenöffnung (z.B. f/2.8) ist die Schärfentiefe relativ gering (d.h. nur ein geringer Teil liegt innerhalb des scharfen Bereichs), bei enger Blendenöffnung (z.B. f/11) ist sie deutlich größer.
Dabei ist der Bereich der Schärfentiefe nicht gleich verteilt: Als Faustregel gilt, daß ein Drittel des Schärfebereichs vor dem Fokuspunkt und zwei Drittel dahinter liegen. Wenn jetzt auf einen Punkt fokussiert wird, der „zwei Drittel vor dem Horizont“ und gleichzeitig „ein Drittel hinter dem nächstgelegenen Motiv“ liegt, dann müsste (bei ausreichend kleiner Blendenöffnung) sowohl das nahe Motiv, als auch der Horizont auf Unendlich scharf sein. Dieser Punkt ist die hyperfokale Distanz.
Der Trick dabei ist, daß die Schärfentiefe nicht nur von der Blendenöffnung, sondern auch von der Distanz zum Fokuspunkt abhängt. Liegt der Fokuspunkt weiter entfernt, wächst auch der Bereich der Schärfentiefe. Je weiter weg ich fokussiere, desto größer wird der Bereich der Schärfentiefe. Die hyperfokale Distanz beschreibt nun den Fokuspunkt, bei dem der Bereich der Schärfentiefe so groß ist, daß sowohl das Motiv im Vordergrund als auch die Entfernung „Unendlich“ hineinpassen.
Die beiden Situationen im Vergleich:
- Fokus auf das Motiv selbst: Es liegen vor dem Motiv ein Drittel der Schärfentiefe, dahinter zwei Drittel. Die zwei Drittel reichen nicht bis zum Horizont, deshalb sind z.B. Bäume in der Entfernung unscharf. Der gesamte Bereich der Schärfentiefe ist nicht sehr groß, weil der Fokuspunkt nahe bei der Kamera liegt.
- Fokus auf die hyperfokale Distanz, d.h. auf einen Punkt zwischen Motiv und Horizont: Das eine Drittel Schärfentiefe vor diesem Punkt reicht noch zurück bis zum Motiv, die zwei Drittel hinter dem Fokuspunkt reichen bis nach Unendlich. Weil der Fokuspunkt weiter von der Kamera entfernt ist, wird der Bereich der Schärfentiefe so groß, daß nicht nur das Motiv, sondern auch die Bäume am Horizont scharf sind.
Wo liegt die hyperfokale Distanz?
Als Faustregel kann man stets „ein Drittel hinter das Motiv“ fokussieren. Bei einer Landschaftsaufnahme bedeutet das „ein Drittel in die Szene hinein“. Natürlich muß man dabei die Blendeneinstellung im Auge behalten, bzw. die Blendenöffnung klein genug wählen.
Die gesuchte Entfernung hängt ab von Kamera, Blende und Entfernung zum Motiv. Zur genauen Berechnung empfehlen sich Apps für das Smartphone, die es unter dem Stichwort „hyperfokale Distanz Rechner“ bzw. „depth of field calculator“ zuhauf gibt. Interessant ist bspw. Light Meter Tools: Hauptfunktion dieses Tools ist eigentlich ein Belichtungsmesser, aber der Tiefenschärfe-Rechner ist einfach und übersichtlich implementiert und einen Belichtungsmesser sollte man sowieso immer dabei haben.